Jahr des Glaubens 2013 – Am 26.2.2013, 20 Uhr – P. Thomas Möller OP

Fastenpredigt zum Thema: „Jahr des Glaubens“ 2013
26.2.2013 um 20 Uhr
P. Thomas Möller OP

„Bruce, allmächtig“ – Gott, den Allmächtigen

Liebe Schwestern und Brüder,
„Bruce, allmächtig“ – Gott, der Allmächtige;
das ist doch mal ein Gott, so wie wir ihn uns wünschen. Er ist da und greift dort überall in unserem Leben ein, wo sonst etwas schiefzugehen droht. Er ist der Allmächtige, so wir es uns wünschen. Aber, – Gott will auch mal Urlaub machen!
Er ist nach zigtausend Jahren müde geworden, ständig für die Menschen dazu sein. Vielen aus ihrer Not zu helfen. Da kommt ihm Bruce gerade richtig, der sich über Gott ärgert und ihn verflucht. Er soll nun für Gott an seine Stelle treten, ihn vertreten.
Und da steht er schon mit seiner neuen Allmacht, aber auch mit der ganzen Verantwortung alleine da. Am Anfang genießt er es noch, aber dann muss er doch merken, dass dort eine riesengroße Verantwortung auf ihm lastet, der er nicht gerecht werden kann.
Am Ende ist er froh, wenn er das, was alle Menschen sich irgendwann mal ersehnen oder erhoffen, wieder los werden kann.

Der Film „Bruce allmächtig“ zeigt sehr schön, wie wir Menschen versuchen uns ein Bild von Gott zu machen. Was wir ihm aus unserer menschlichen Perspektive auferlegen, ohne direkt zu spüren, welche Verantwortung damit verbunden ist.
Heute möchte ich mit ihnen die Perspektive wechseln. Die Sichtweise wechseln und die Fragen stellen, woher wir denn wissen, was bzw. wer Gott ist?

Wie zeigt sich uns Gott?
Wir können ihm nicht begegnen, so wie wir unseren Mitmenschen begegnen. „Er ist nicht sichtbar für unsere Augen und niemand hat dich je gesehen“ (GL 298), so haben wir eben im Lied gesungen. In diesem Text des Liedes steckt so viel Wahrheit drin. Es gibt offen zu, wie schwer es doch ist, an einen Gott zu glauben, den wir nicht sehen und den wir nicht fassen können und trotzdem ist dieses Lied voller Vertrauen in diesen Gott. Die Bibel vermittelt uns, wie Menschen Gott erfahren haben. Sie haben ihre Erfahrung mit Gott aufgeschrieben.
Das Christentum ist eine Offenbarungs- und Schriftreligion. Gott offenbart sich uns, er teilt sich uns mit, es ist sein freier Wille, dies zu tun. Er teilt sich uns mit, braucht dazu aber menschliche Hilfe.
Gott setzt die Schöpfung ins Dasein, er ist der Ursprung des Lebens, er überlässt sie aber nicht sich selbst.
Die Bibel ist wohl das meist verbreitete Buch. Die Bibel ist das inspirierte Wort Gottes, so glauben wir. Die Schreiber wurden durch den Heiligen Geist geleitet, das heißt Gott selbst hat die Menschen inspiriert, das niederzuschreiben, so wie sie Gott erfahren haben bzw. die Umwelt / die Schöpfung. Die Bibel beschreibt somit eine fortlaufende Geschichte der Menschen in Beziehung zu Gott.
In der Bibel ist also niedergeschrieben, wie Menschen Gott erfahren haben, es ist also auch immer eine menschliche Komponente darin enthalten.
Ich möchte heute mit Ihnen zusammen biblisch auf die Suche gehen, wie damals die Christen versucht haben, ihren Glauben im Glaubensbekenntnis festzuschreiben:

Wir glauben an den einen Gott:
Das ist ein klares Bekenntnis zum Monotheismus:
Es gibt nur einen Gott und nicht viele Götter.
Wir glauben an den Vater, den Allmächtigen:
Wir sprechen ihm Allmacht zu und nennen ihn Vater oder Mutter.
Es hat eine persönliche Komponente. Gott begegnet uns als ein konkretes Gegenüber, ein „Du“, also nichts abstraktes oder so.

Wir glauben an den, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Wir glauben, dass er hinter der Schöpfung steckt, er, der die Schöpfung aus dem Nichts ins Dasein gerufen hat.

Wenden wir uns nun dem Gott dieser biblischen Offenbarung zu:
Das Alte Testament bietet weder einen klar definierten Gottesbegriff noch ein einheitliches Gottesbild. Es stellt die Erfahrungen des Volkes Gottes mit Gott so dar, dass dadurch Wesenszüge dieses Gottes deutlich werden.

Die Menschen damals haben versucht genau das, so wie sie die Welt erfahren und wahrgenommen haben niederzuschreiben. So entstand der erste Schöpfungsbericht. Ein Lied, das in einer ganz konkreten Situation entstanden ist, nämlich im babylonischen Exil. Diese Situation hat natürlich Einfluss genommen auf die Gestalt und den Inhalt des Textes. Man darf es nicht losgelöst davon betrachten.
Ebenso der zweite Schöpfungsbericht des Jahwisten mit Adam und Eva. Die Texte sind mit einem großen Gottvertrauen geschrieben. Sie haben Gott als einen Schöpfer erfahren, der seine Schöpfung liebt und sich um sie sorgt. Gott schuf den Menschen nach seinem Abbild, nach seinem Abbild schuf er ihn. Der Mensch wird zum Bild und Ort Gottes.

Für das Volk Israel sind drei Schlüsselerfahrungen von besonderer Bedeutung:
Einmal die Offenbarung des „Gottes der Väter“,
die Errettung des Volkes aus der Gefangenschaft
und die Gotteserfahrung des Mose am Sinai.

Wie haben die Menschen damals Gott erfahren, gemeint sind die Menschen, bevor Gott seinen Bund mit ihnen geschlossen hat. Die Nomadengruppen erfahren Gott, der ihnen Schutz verheißt, der ihnen Führung bietet, Nachkommen und Land verheißt.

Ein weiteres zentrales Erlebnis ist die Befreiung des Volkes Israel aus der Gefangenschaft Ägyptens, das zu einer überwältigenden und einschneidenden Erfahrung wird: Gott greift ein:
„Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“
Er hilft ihnen aus der Not, aus dem Elend, aus der existenzbedrohenden Gefangenschaft. Sie erkennen Gott und bekennen sich zu ihm. Sie werden so zum Volk Gottes, sie konstituieren sich zu einer Gemeinschaft mit Gott. Er zeigt sich dem Volk als Retter, als Wegbegleiter, als Beschützer auf dem Weg durch die Wüste.

Die Gotteserscheinung im brennenden Dornbusch.
Gott gibt sich im brennenden Dornbusch zu erkennen. Das ist ein weiteres wichtiges Schlüsselerlebnis für das Volk Gottes. Gott schließt einen Bund mit den Menschen.
Einen Bund, der unaufkündbar ist.
Gott verpflichtet sich selbst.
Gott zwingt nicht, er respektiert die Freiheit des Menschen, aber seine Treue ist unzerstörbar. Durch die Freiheit des Menschen, nimmt er sich zurück und schränkt seine Allmacht ein.
Er bleibt treu, auch wenn die Menschen untreu werden. Und diese Grunderfahrung des Menschen können wir immer wieder aufs Neue in der Bibel finden: Gott bleibt treu, auch wenn die Menschen sich von ihm abwenden.

Allein aus diesen Aufzählungen wird deutlich, dass es gar nicht so einfach ist Gott zu beschreiben. Ich habe ja nur einige wenige Stellen des Alten Testamentes herausgegriffen und die reichen schon aus, um ein sehr vielseitiges Bild von Gott zu geben.
Aber schon allein mit diesen Grunderfahrungen ist gegeben, dass eine adäquate Haltung diesem Gott gegenüber die einer vertrauenden Hoffnung ist. Nicht der Kult steht im Mittelpunkt, sondern die große Hoffnung und das Vertrauen auf Gott.
Gott lässt sich nicht abbilden und er geht keine feste Bindung an einen Ort ein, sondern er ist mit dem wandernden Volk unterwegs.

Gott an sich – Gott für uns Menschen
Aus den Gotteserfahrungen Israels ergibt sich leider nicht, wie und was Gott an sich ist. Es zeigt uns immer nur, wie und was Gott für uns ist, für uns Menschen ist, so wie wir Gott in einer ganz konkreten Situation erfahren haben.
Wie und was Gott für die Menschen ist, zeigt sich am besten an den Gottesnamen. Nach ihnen erweist er sich vor allem als der verlässliche Helfer und als der über alle Mächte herrschende Mächtige.
Er ist Vater, Mutter, Schöpfer, aber zugleich auch Richter.
Eine wichtige Erkenntnis, die aber auch für das Volk Israel neu war, das ist die Erkenntnis, dass Gott ein einziger Gott ist. Ein fundamentales Glaubensbekenntnis, was das Volk von den anderen Völkern der damaligen Zeit abgrenzt: Der Monotheismus. Gott prangert das menschliche Phänomen an, dass wir uns selber Götter machen: Hölzerne Götzen umhertragen, Altäre bauen, ein „goldenes Kalb“ basteln. „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“

Er ist der Leben gebende und nehmende Herr, der schließlich auch aus dem individuellen Tod rettet,
er ist der Vater des sozialen Lebens und des ganzen Kosmos, der Schöpfer,
er führt sein Volk in liebender Fürsorge (die aber auch Strafe und Gericht mit einschließt) väterlich und mütterlich zugleich, er wird alle anderen Völker in dieses Heil einbeziehen, er wird allen Mächten und Gewalten ein Ende machen, indem er sein Reich (Herrschaft Gottes) machtvoll über all und alles errichtet, und schließlich stellt er eine vollendete neue Schöpfung in Aussicht.

Auch die Propheten berichten von ihren Gotteserfahrungen. Häufig können wir auch lesen, wie sehr sie darum gerungen haben, sich in den Dienst Gottes nehmen zu lassen. Denn ein Prophet hat es nicht leicht, er wird von Gott beauftragt auf einen Missstand hinzuweisen. Gott beruft einen Menschen um seine Botschaft zu verkünden und um zur Umkehr aufzurufen. Die Menschen, die sich von Gott abgewandt haben, sollen umkehren und ihr Leben neu auf Gott ausrichten.

Weitere eher schwierige Gotteserfahrungen:
Natürlich bittet uns die Bibel auch ganz andere Gotteserfahrungen, mit denen wir uns nicht so leicht tun. Auch sie sind sehr facettenreich.

Unser Gott kann auch ein zorniger, eifersüchtiger und strafender Gott sein. Wir brauchen da nur an den Rausschmiss aus dem Paradies oder aber die Arche Noah und die Sintflut zu denken.
Das sind Eigenschaften von Gott, mit denen wir uns sehr schwer tun, die wir vielleicht auch nicht unbedingt verstehen.
Es geht sogar soweit, dass er sich sogar rächen wollte. Aber nach der Sintflut wissen wir, dass es Gott reute und er den Menschen so etwas nie wieder antun wollte.

An solchen Gotteserfahrungen kann man auch schon einmal zweifeln, wenn nicht sogar verzweifeln. Damit meine ich jetzt nicht die Erzählungen aus der Bibel über die man sicherlich heftig diskutieren kann, sondern ich möchte es gerne auf heute aktualisieren und Ihnen die Frage mitgeben, wie uns Gott in unseren Tagen hier begegnet, wie wir ihn erfahren. Da wird es auch nicht immer Momente geben, wo uns Gott, wie ein konkretes Du, ein Gegenüber vorkommt, oder als der gute Hirte, der sich um einen kümmert.

Letztendlich können wir es nicht richtig fassen, sondern nur glaubend annehmen. Gott, der Ich, der ‚Ich bin da‘“-Gott ist ein ganz anderer.
Gott ist der ganz Andere und er handelt niemals so, wie wir es gerne hätten.

Liebe Schwestern und Brüder,
Gotteserfahrungen sind sehr dynamisch, eventuell auch ambivalent. Gott kann nur in widersprüchlicher und paradoxer Rede bezeugt werden. Eine helle und eine dunkle Seite werden ihm zugeschrieben.

Einerseits ist er der übermächtig bewusst als „ich“ allein Handelnde, und andererseits derjenige, der die Weltgeschichte als Raum menschlicher Freiheit und Verantwortung ansieht.
Er ist der ganz Nahe („du bist vertraut mit all meinen Wegen“, betet der Psalmenbeter) und zugleich der absolut Ferne, dem ich nicht nahen kann, dem wir uns nur betend nähern können (GL 546).

Gott kann der durch sein Wort Inspirierende und Kritisierende,
aber zugleich auch der gegenüber den zu ihm Rufenden abgründig Schweigende sein.

Liebe Schwestern und Brüder,
Gott zeigt sich uns absolut facettenreich im Verlauf der Zeit aber auch im hier und heute. Es kann sehr spannend sein, mal wieder die Bibel in die Hand zu nehmen und sie zu durchstöbern mit der Frage, wie sich Gott uns Menschen mitteilt. Es gibt dort sehr viel zu entdecken.
Es ist kein willkürliches Handeln, auch wenn es für uns häufiger schon einmal so den Anschein macht.

Aber egal, wie facettenreich er sich uns zeigt, eines ist eindeutig klar:
Gott handelt aus Liebe zu uns.
Von der Schöpfung, über die Sintflut, die Befreiung aus der Knechtschaft, über Jesus Christus, durch die ganze Kirchengeschichte hinweg bis heute:
Es ist die große Liebesgeschichte Gottes mit uns Menschen.
Amen.